Westhofener Gerichtsbarkeit: Sup Peiter zelebriert lokale Eigenart - Motto: „Was ist dir das denn wert?“

Nix zu lachen hatten Michael Pfingsten und Rolf Hohmann vom Westhofener Fensterbahnhof.

Westhofen. Dreimal Pfefferpotthast, dreimal Gericht vor dem Ofen, dreimal Westhofen mit all den Stärken und Schwächen, die ein Ortsteil der Freiheit so zu bieten hat: Sup Peiter, der höchste Männerfeiertag und Zeremonie urspünglicher Richterkultur, macht wieder in Westhofen die Männer mobil. Im Haus Breer, im katholischen und evangelischen Gemeindehaus sorgen die bei Gürkchen und Pils für Nachrichtenverteilung und Unterhaltung. Sie zerren altgediente Nachbarn und Neuankömmlinge vor den Ofen und berichten vom Eingemachten.

Das sieht man im Ortsteil doch mal gerne: devote Unternehmer, die unter dem Schild „Gott sieht alles, der Nachbar noch mehr!“ im evangelischen Gemeindehaus die Köpfe senken und tief in die Tasche greifen müssen. Junge Männer, die um ihr Recht an fünf Snowboards kämpfen „Was ist dir das denn wert?“, die Erweiterung des Fuhrparks („Mir wurde der als Fiat Panda verkauft.“ „Das ist aber ein Mercedes SL - Was ist dir das denn wert?“) kommt ebenso zur Sprache wie die gute Westhofener Luft. Schließlich lässt so ein weiteres, größeres Fenster auch mehr gute Westhofener Luft rein. Der geneigte Leser ahnt es schon, die Frage lautet: „Was ist dir das denn wert?“.

So geht’s auch: Junge Flüchtlinge hinterm Zapfhahn.

Integration mit Lokalkolorit

Zu viele Litzen am Schützenrock? Die Fassade noch nicht gestrichen? Demnächst ein Schräpper als Patenonkel? Zwei Kinder sauber durch die Ausbildungszeit gebracht? Das muss die Frage lauten: „Was ist dir das denn wert?“ In der katholischen Gemeinde sichern sich die Teilnehmer mit ihrer Art der Integration einen Hingucker: Junge Asylanten sind in blauem Westfalenfrack und rotem Halstuch grinsend hinter dem Zapfhahn zu finden. Integration a la Westhofen geht mit Wotansfeuer und Lokalkolorit ganz unkompliziert und selbstverständlich. Eingemeindet wurde zum großen Vergnügen auch das Westhofener Urgestein Richard Berkenkopf ganz offiziell. Nach diversen Umzügen wurde er in diesem Jahr zum Neubürgerempfang geladen, erntete Gejohle und genoss den Ausflug: „War schön da. Ich habe etwas über Schwerte erfahren, kann ja nicht schaden.“

Schade, das in all der Eingliederung und Öffnung das Platt etwas zu kurz kommt. Sprache lebt schließlich vom Sprechen, weiterentwickeln und zelebrieren. Egal, wenn Zugezogene nicht alles verstehen, auf diese Eigenart sollte nicht verzichtet werden. Wie weiß der Schreiber Frank Wecke: „Das Platt hat ja an vielen Stellen tatsächlich auch eine Verwandschaft mit dem Englischen.“ Die alten Haudegen aus Westhofen sollten mit erhobenem Kopf ihre schöne Nische besetzen dürfen. Soviel Toleranz verträgt jeder Ortsteil und überhaupt jede Gesellschaft.

In Westhofen hatten Männer ihren Spaß - und Durst.

Bier als Fastenmahlzeit

Sprache ist im Übrigen an Sup Peiter längst nicht das einzige Kommunikationsmittel. Die Macheten und Morgensterne über der Bühne, die Feuerstellen und Biergläser sind ebenfalls Kommunikationsformen der ursprünglichen Art. „Schrapp tau, Schrapp tau, Schrapp tau!“, lautet der Sündenerlass hier. Bis 2017, wenn wieder einmal der Sup Peiter in die Fastenzeit fällt: „Macht aber nix,“ weiß Heimatvereinsvorsitzender Martin Gerst zu berichten: „Das Bier ist doch Fastenmahlzeit.“

Bürgermeister Heinrich Böckelühr hatte sich in diesem Jahr im Haus Breer eingefunden, um das Treiben zu begleiten und anzufeuern. Wie ruppig und kernig es in der Freiheit zugehen kann, zeigte auf dem Weg dahin ein Plakat vor dem Gasthaus gegenüber: „Sch… auf Küsschen, schenk deinen Freunden ein Bier.“ Wer sich in Westhofen eingliedern möchte, nutzt alle Möglichkeiten der Kommunikation.

 

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